Der sechste Sinn und die geheimnisvollen Kräfte der Igel

Stell dir vor, ein Igel durchstreift in der Dämmerung den Garten, sein Näschen zuckt, während er auf Spurensuche geht. Unvermittelt trifft ihn ein neuer, fremdartiger Geruch. Neugierig bleibt er stehen, beschnuppert den Fund mit voller Konzentration – doch dann geschieht etwas, das uns Menschen vielleicht rätselhaft erscheint: Der Igel beginnt, auf diesem Fund herumzukauen und bildet schaumigen Speichel im Maul. Mit kleinen Verrenkungen verteilt er schließlich diesen Speichel auf seinen Stacheln oder der Brust.

Was steckt hinter diesem merkwürdigen „Einspeicheln“? Die Antwort liefert ein faszinierendes Organ, das im Verborgenen arbeitet: das Jacobsonsche Organ, von Fachleuten auch Vomeronasales Organ genannt. Es liegt gut versteckt am Boden der Nasenhöhle, verborgen vor allen Blicken – und doch hat es Superkräfte. Dieses Organ schenkt dem Igel einen sechsten Sinn: Er kann Gerüche nicht nur riechen, sondern sie förmlich „schmecken“. Neue Duftstoffe landen auf der Zunge, werden eingespeichelt und über eine winzige Verbindung in der Gaumenschleimhaut direkt zum Jacobsonschen Organ transportiert. Dort werden sie intensiv analysiert – und für den Igel eröffnen sich zusätzliche Informationen, wie es kein anderes Sinnesorgan vermag.

Vor allem Jungigel, die ständig Neues entdecken, sind für diesen Spürsinn empfänglich und beim Einspeicheln zu beobachten. Dank dieses „geheimen Talents“ erkennen Igel etwa Nahrung, Artgenossen, oder wichtige Duftbotschaften ihrer Umwelt – eine beeindruckende Anpassung, die ihr Überleben sichert. Für uns Menschen wirkt das fast wie Magie, doch für den Igel ist es Alltag.

Überblick:

  • Das Jacobsonsche Organ (Vomeronasales Organ) ist ein zusätzliches Sinnesorgan beim Igel.
  • Es liegt am Boden der Nasenhöhle, verbunden mit dem Maul durch Öffnungen im Gaumen.
  • Ermöglicht dem Igel, Gerüche nicht nur zu riechen, sondern intensiv zu „schmecken“.
  • Besonders aktiv bei neuen oder interessanten Gerüchen — typisches Verhalten: Beschnuppern, Einspeicheln, schaumigen Speichel auf die Stacheln verteilen.
  • Kein Anzeichen von Tollwut! Einspeicheln ist bei Igeln normal und harmlos.
  • Das Organ liefert wichtige Informationen z.B. zu Nahrung, Artgenossen, Paarungsbereitschaft.
  • Kein Gewöhnungseffekt: Jeder neue Reiz bleibt spannend.
  • Besonders ausgeprägt und häufig zu beobachten bei jungen Igeln.